"Das haben wir schon immer so gemacht!?"
In jedem Unternehmen existiert eine Unternehmenskultur.
Das ist Fakt, da kann man oder Unternehmen machen, was man/es will, unterbewusst ist sie da.
Entscheidend ist hierbei, herauszufinden, wie sie das Unternehmen positiv beeinflusst, denn nur so kann sie das Unternehmen fördern.[1] Nicht zuletzt hängt der langfristige Unternehmenserfolg von einer funktionierenden Führungs- und Unternehmenskultur sowie ähnlicher Denkweisen und Denkmuster ab. Eine Unternehmenskultur, welche die Mitarbeiter förmlich „ansteckt“ kann motivierend und erfolgsbringend für alle beteiligten Akteure sein.
Als bekannter deutscher Psychologe für Organisationspsychologie beschreibt Peter Kruse, dass offen artikulierte und zugleich verdeckte Regeln ein Stabilisator für die Unternehmenskultur darstellen. Sie fungieren wie ein soziales Gedächtnis und erhalten dadurch die Wirklichkeit, begrenzen auf der anderen Seite jedoch das mögliche Veränderungspotenzial des Unternehmens.[2]
Beim Begriff der Unternehmenskultur kommt ein Name vielen unmittelbar ins Gedächtnis, Edgar H. Schein. Er definiert die Kultur einer Gruppe wie folgt: “Ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben wird.“[3] Schein gehört mit seinen Aussagen zu Kultur und Werteebenen zu den anerkanntesten Experten auf dem Gebiet der Organisationspsychologie.
Schein ist der Auffassung, dass das Muster der Grundprämissen durch die Gruppe entdeckt und weiterentwickelt wird und sie demzufolge gemeinsam lernen, mit Problemen umzugehen. Dies bildet ergänzend ein gemeinsames Fundament für die Gruppe und lässt eine tiefere Verbindung zu.[4] Ferner betont er, dass sein Ansatz eine Existenz von unsichtbaren und unbewussten Ebenen zusammen mit sichtbaren und häufig unbewussten Ebenen beschreibt. Er ist der Meinung, dass eine Unternehmenskultur nicht allein durch sichtbare und vermeintlich leicht zu sehende Ebenen beschrieben werden kann, sondern dass ein tiefer und sehr bedeutender Teil durch unbewusste und nicht sichtbare Ebenen zu erklären ist. Daher ist es für Externe schwer in neue Unternehmen einzutreten, da erst nach einer gewissen Zeit die Unternehmenskultur unbewusst adaptiert und in das eigene Werterepertoire übernommen wird.[5]
Noch immer werden Führungspositionen häufig ausschließlich in Vollzeit ausgeschrieben, obwohl gesetzliche Bestimmungen eine Teilzeittätigkeit fördern und fordern sollten.[6] Dies liegt demnach an kulturellen Elementen, die nicht unbedingt bewusst oder sichtbar sind. Veraltete Rollenverständnisse erschweren Fachkräften und Nachwuchskräften, die den Wunsch nach Teilzeit äußern, eine erfolgreiche Umsetzung ihrer neuen Arbeitsmodelle. Teilzeitmanager sind eine Ausnahme auf dem Arbeitsmarkt und bei genauerer Betrachtung mancher Unternehmenskulturen, wird dies, nach Einschätzungen der Arbeitsmarktforscher, viele Jahre dauern, ehe neue Denkmuster und Rollenverteilungen angenommen werden.[7]
Unternehmenskulturen sind somit maßgeblich für den Erfolg von Teilzeitführungskräften und dessen Etablierung.
Für viele Unternehmen und Mitarbeiter ist die Anwesenheits- oder Präsenzkultur eines der wesentlichen Leitbilder von Führung und zeugt von Engagement und Zielstrebigkeit. Ein hohes Maß an Erreichbarkeit und zeitlichem Engagement sind für viele Vorgesetzte ein Leistungsmaßstab und lassen unterbewusst eine Unternehmenskultur entstehen, die für Teilzeitmanager schwer zu erfüllen ist („Wie, Du gehst schon???“).[8]
Für viele Manager ist Führen in Teilzeit nicht denkbar und inkompatibel mit einem Leistungsversprechen als vertrauensvoller und fürsorglicher Leiter eines Teams. Es sind bestehende Annahmen, die das Leben einer neuen Unternehmenskultur erschweren oder in einigen Fällen verhindern. In der Literatur sind weiterhin Artikel zu finden, die Führungskräfte in Teilzeit als weniger engagiert, motiviert und flexibel beschreiben und deutlich die Nachteile hervorheben.[9] Dabei könnte die Unternehmenskultur einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass weniger die Nachteile, wie beispielhaft die Abwesenheit der Führungskraft, der höhere Grad an Eigenverantwortung für die Mitarbeiter oder die organisierte Absprache untereinander, gesehen werden, sondern vielmehr die Chancen, die sich hieraus ergeben. Dafür ist eine Ergebnis-, Vertrauens- und Kommunikationskultur notwendig, die durch Offenheit und Innovativität geprägt ist und die jeweiligen Chancen der neuen Arbeitsmodelle herausstellt.
[1] Vgl. Jaeger (2013), S.124
[2] Vgl. Greve/ Freytag/ Katterbach (2016), S. 31
[3] Schein (1995), S.25
[4] Vgl. Schein (2010), S.35
[5] Vgl. Greve/ Freytag/ Katterbach (2016), S. 25f
[6] Vgl. Webber/Williams (2008), S.760ff
[7] Vgl. McDonald et al. (2009), S. 143ff
[8] Vgl. Koch (2008), S.613; Holst et al. (2012), S.36; BMAS (2001), S.5
[9] Vgl. Troost/ Wagner (2002), S.17; Vogel (2006), S.75