Flexible Arbeitsmodelle – Warum überhaupt?

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Wer die Medien in Bezug auf Themen rund um die Arbeitswelt verfolgt, weiß, dass Unternehmen zunehmend Probleme haben, gut ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Dabei spreche ich gar nicht von einem möglichen Fachkräftemangel, sondern erst einmal von der Schwierigkeit, gutes und engagiertes Personal zu finden, welches in der Lage ist, einen fehlerfreien Brief zu versenden, ohne dass einem dabei die Haare zu Berge stehen.

Wenn ich da an die Worte eines befreundeten Unternehmers denke, ist es nicht selbstverständlich, eine leserliche und vollständige Bewerbung als Antwort auf ein Jobinserat zu erhalten. Das ist zwar traurig, aber erstens sollte sich keiner über etwas ärgern, was er nicht aktiv in dem Moment ändern kann und zweitens erhöht es die Chance der anderen Bewerber. Mit Humor lässt sich so manche grammatikalische Vollkatastrophe entspannter ertragen.

Obwohl es da draußen noch Bewerber gibt, die weder Interesse an Rechtschreibung noch an Grammatik haben, gibt es auch noch andere, zum Beispiel die Talente.

Hoch motiviert, hervorragend ausgebildet und zuverlässige Arbeitnehmer. Um sie herrscht ein regelrechter Kampf, der „War of Talents“. Was wie eine neue Netflix-Serie klingt, ist vielmehr eine Bewegung, bei der Unternehmen das bestmögliche Personal zu finden versuchen. Einfallsreichtum ist gefragt, bisher allerdings zumeist begrenzt: Gleitzeitkonten, Firmenwagen, attraktive Vergütung.

Ich kann mir da noch etwas Besseres vorstellen, die Unternehmen nicht immer.

Ein Jobinserat verspricht mehr: „Eine flexible Arbeitseinteilung und die Möglichkeit regelmäßig im Home-Office zu arbeiten, runden unser Profil ab.“ Auf Nachfrage, was eine flexible Einteilung der Arbeit ist, erwidert die Dame am Telefon, dass dies natürlich nicht für die leitenden Angestellte gelte, sondern vielmehr für das Personal im Sacharbeiterbereich. (Aha!) Das Home-Office ist allerdings kein Problem und kann mittels eines Antrages und maximal zweimal im Kalendermonat selbstverständlich jederzeit wahrgenommen werden. (Antrag, max. zwei Tage im Monat. Oha!)

Dieses Unternehmen hat gezeigt, dass es zwar erkannt hat, dass Bewerber neue Ansprüche und Wünsche mitbringen, hat dies aber nicht ernst genommen und nur halbherzig umgesetzt. Eine geschönte Formulierung in der Stellenanzeige lockt erstmal, um Bewerber dann auf den Boden der Tatsachen ankommen zu lassen. Ernüchternd wie ich finde, zumal das bereits mehrere Unternehmen deutlich besser umsetzen und auch ernst nehmen.

Warum lohnt es sich also flexible Arbeitsmodelle einzuführen?

Vorteile flexibler Arbeitsmodelle
Vorteile flexibler Arbeitsmodelle
Gesundheit

Für mich persönlich ist die körperliche und geistige Gesundheit eines Mitarbeiters das höchste Gut und sollte sowohl durch den Mitarbeiter selbst als auch durch seinen Arbeitgeber geschützt werden. Ich weiß, das mag naiv klingen und ist in einigen Branchen nicht gegeben, dennoch heißt das ja noch lange nicht, dass das richtig ist. Ich halte es nicht für tragbar, dass Unternehmen hinnehmen, dass ihre Mitarbeiter durch Stress und Überlastung krank werden und psychische Leiden entwickeln. Dies ist weder Sinn noch Zweck eines Arbeitsverhältnisses. Langfristiger Erfolg für Unternehmen und Mitarbeiter stellt sich folglich nur ein, wenn die Gesundheit gewährleistet ist. Teilzeitarbeit kann dahingegend helfen, Stress und Überarbeitung zu reduzieren, sodass genügend Erholungsphasen bleiben.

Motivation

Ähnlich wie mit der Gesundheit verhält es sich auch mit der Motivation. Treten Übermüdung, Überarbeitung oder andere Stressoren auf, hat dies negative Folgen auf Gesundheit und Motivation des Angestellten. Wartet im Büro ein Berg voll Arbeit, der kaum schaffbar ist oder sind Vertriebsziele jenseits von Gut und Böse, sind dies Demotivatoren, die dem Mitarbeiter Kraft und Freude an der Arbeit rauben. Wieder beides zum Leidwesen von Unternehmen und Mensch. Es wird deutlich, dass die Belastungen eines Angestellten in zweiter Reihe das Unternehmen betreffen. Die Unternehmensleitung ist daher angehalten, eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen, mit einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Unternehmung, wenn es nach mir geht. Teilzeitkräfte gaben fast ausschließlich an, dass sie als eine der größten positiven Begleiterscheinungen die zunehmende Motivation schätzen. Die Dankbarkeit für die flexible Arbeitsmöglichkeit und der Gedanke im Hinterkopf, dass nach dem Büro noch Kinder, Hund, Hobby oder andere private Vorhaben warten, lässt so manchen Angestellten motivierter arbeiten.

Zufriedenheit

Stimmt der Umgang miteinander, steigt auch die Zufriedenheit. Ein Mitspracherecht tut fast jedem gut. Die Arbeitszeit und Tätigkeitsbereiche eigens mitgestalten zu können, beweist dem Mitarbeiter, dass er eine tragende Rolle spielt und die eigene Meinung von Bedeutung ist. Teilzeit-Führungskräfte arbeiten eng mit Team und Vorgesetzten zusammen, sonst würde es auch nicht funktionieren. Alle rücken ein Stückchen zusammen, sind in die jeweiligen Vorhaben involviert und halten sich an klare Absprachen. Davon lebt dieses Konzept.

Nachhaltigkeit

Der eben angesprochene „War of Talents“ ist ein Schlüsselfaktor für die Unternehmensentwicklung. Gutes Personal will gefunden werden und muss zudem noch gehalten werden. Unternehmen berichten, dass die Fluktuation in ihren Reihen deutlich zurück gegangen ist, seitdem sie in Teilzeit führen lassen. Sie wissen um die Situation, dass flexible Arbeitsmodelle in den Stellenanzeigen thematisiert werden, genauso wissen sie aber auch, dass nur die Wenigsten es ernsthaft umsetzen. Das ist ihr entscheidender Vorteil.

Größerer Personalzugang

Wer in Teilzeit führen lässt, hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen: Er hat mehr Personal zur Verfügung.

Wer beispielsweise bereit ist, Mütter nach der Elternzeit wieder einzustellen, wird sehen, dass er wahre Organisationstalente beschäftigt. Aufstehen, Sport, Hund ausführen, Kita/ Schule, Büro, Kita/ Schule, wieder zum Hund, Hausaufgaben, Sportprogramm der Kinder, Musikunterricht, Abendessen, kurze Auszeit und am nächsten Morgen alles von vorne. In meiner Tätigkeit habe ich von zahlreichen Chefs erklärt bekommen, warum sie besonders interessiert an Müttern sind als Arbeitskräfte. Sie arbeiten strukturiert und durchgetaktet, denn sie sind nicht alleine  im Unternehmen beschäftigt, sie führen noch ein kleines Familienunternehmen und das hat rund um die Uhr geöffnet.

Eine neue Blickrichtung auf das Thema lohnt sich also. Ich bin davon überzeugt und damit stehe ich nicht alleine da, dass Teilzeit-Führung in den nächsten Jahren ein immer größer werdendes Thema ist und die Unternehmen über kurz oder lang darauf reagieren werden und müssen.