Wie soll das überhaupt gehen?

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Regeln sind da, um gebrochen zu werden. Zumindest gelegentlich.

Neue Wege hingegen sind da, um ausprobiert zu werden.

Führen in Teilzeit gehört da irgendwie mit zu, schließlich fallen Freunden, Kollegen und selbst den eigenen Eltern hin und wieder die Gläser aus der Brille, wenn ich davon berichte, dass mein Partner in Teilzeit arbeitet (Der ist doch hochstudiert und im besten Alter. Warum macht er das und wie überhaupt?!)

Einfache Antwort: „Weil er es kann.“

In der Teilzeit-Führung gibt es keine starren Regeln, Vorgaben oder Muster. Vielmehr lebt sie von der Individualität des jeweiligen Mitarbeiters und kann durch sie sowie deren Vorgesetzte geformt werden. Sie lässt sich maßschneidern, wie ein gutes Kleidungsstück für den besonderen Anlass. Gibt es besondere Lebensumstände, Wünsche oder Vorstellungen können sie mit Hilfe eines lebensphasenorientierten Arbeitsmodells eingeplant werden.

Einen neuen Weg einzuschlagen, ist nicht immer leicht, es lohnt sich aber in vielen Fällen.

Unterschiedliche Konzepte haben sich hierbei als hilfreich und umsetzbar erwiesen.

Ich selbst habe viele Jahre in einem „standardmäßigen Teilzeitmodell“ gearbeitet. Drei Tage die Woche war ich an der Uni und zwei Tage die Woche habe ich gearbeitet. Das war ideal. Feste Tage halfen mir dabei zu planen: Arbeit, Lernen, Freizeit. Die Kollegen wussten immer, wann ich anwesend bin und nach zwei Tagen war der Kopf frei für Vorlesungen, Hausarbeiten und Klausuren. Dieses Konzept habe ich in Absprache mit meinen Vorgesetzten ausgearbeitet und je nach Semester angepasst. Das war für beide Seiten ideal und trotz der Flexibilität für beide Parteien planbar und effektiv. So wünsche ich es mir für mehr Leute!

Häufig habe ich Sätze gehört wie: „Wow, wie das bei dir alles klappt. So oft in den Urlaub und doch das Studium in Regelstudienzeit und dazu noch die Berufstätigkeit, wie machst du das bloß?“ Der Dank geht hierbei an meine Hartnäckigkeit, meinen Mut, aber besonders an die Entscheidung und Erkenntnis meines damaligen Arbeitgebers, dass motivierte und engagierte Mitarbeiter ein Mitspracherecht schätzen und sich ein gewisses Entgegenkommen lohnt. Genau das möchte ich bei vielen vielen weiteren Unternehmen erwecken, sodass zukünftig Arbeitskräfte motivierter und zufriedener durch die Unternehmenszentrale spazieren.

Wie kann das also aussehen?

Vollzeitnahe Teilzeitarbeit

Eines der am häufigsten umgesetzten Teilzeitarbeitsmodelle ist die vollzeitnahe Teilzeitarbeit. Hierbei wird die wöchentliche Arbeitszeit auf 75-90 Prozent gesenkt, sodass der Mitarbeiter weitestgehend anwesend ist.[1] Wenn in Deutschland eine Führungskraft in Teilzeit arbeitet, erfüllt sie mit durchschnittlich 30 gearbeiteten Stunden in der Woche dieses Modell.[2]

Manuela Schwesig, ehemalige Bundesfamilienministerin und der ehemalige Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer Eric Schweitzer äußerten sich wie folgt zu vollzeitnahen Arbeitsmodellen für Führungskräfte: „Wir wollen Arbeitgeber motivieren und dabei unterstützen, mehr branchen- und betriebsspezifische Arbeitszeitmodelle anzubieten, die flexibel und familienfreundlich sind. Vollzeitnahe Teilzeitangebote spielen dabei eine besondere Rolle, da sie den Wünschen vieler Eltern entsprechen und es besser erlauben, Familie und Beruf mit Führungsaufgaben zu vereinbaren.“[3]

Die Verteilung der Arbeitszeit kann hierbei individuell gestaltet werden, sodass die Führungskraft mehrere Tage in der Woche halbtags anwesend ist oder drei bis vier Tage Vollzeit arbeitet. Ein vollzeitnahes Teilzeitmodell ist dahingehend beliebt bei Führungskräften, da es einen geringen Einfluss auf die tägliche Arbeit hat und die Führungskraft als Ansprechpartner weiterhin überwiegend zur Verfügung steht. Weiterhin ist die Umsetzung einfach und durch die geringen Fehlzeiten wird die Abwesenheit von Kollegen nur schwach wahrgenommen.[4]

Kadermodell

Komplexer ist die Gestaltung einer Teilzeitführungstätigkeit mittels eines Kadermodells. Der Begriff Kader wird in diesem Zusammenhang für außerordentlich qualifizierte und talentierte Führungskräfte, die zumeist aus dem eigenen Unternehmen rekrutiert werden, genutzt. Hierbei wird eine zweite Person an die Seite des in Teilzeit beschäftigten Mitarbeiters gestellt, sodass sie eng miteinander arbeiten. Diese Zusammenarbeit kann eine Job Sharing Position sein, sodass beide die gleiche Hierarchieebene innehaben. Im Kadermodell ist es jedoch üblich, dass die zweite Person nicht das gleiche Führungslevel trägt und als Assistenz für die Teilzeitkraft zu sehen ist. Diese Variante der Teilzeit-Führung verfolgt die Idee, dass der kostenintensivere Mitarbeiter seine Arbeitszeit und sein Gehalt reduziert und durch diese Ersparnis eine zweite, günstigere Assistenzkraft eingestellt wird, die der Führungskraft Unterstützung bietet. Dieser Assistent fängt zudem die Abwesenheiten der Teilzeitkraft auf und ist in alle relevanten Vorgänge eingebunden, sodass für andere Kollegen keine Einschränkungen festzustellen sind. Eine Vertretungsregelung im Urlaub ist gegeben und im Falle des Ausscheidens aus dem Unternehmen bleibt das implizite Wissen dem Unternehmen erhalten. Unter besonderer Betrachtung wird deutlich, dass dieses Instrument neben der Teilzeit-Führung ebenfalls eine Nachwuchsförderung ist und junge, talentierte Arbeitnehmer einen erfahrenen Kollegen langfristig begleiten können und dadurch eigene Kompetenzen erwerben und diese später in einer alleinigen Führungstätigkeit einsetzen können. Das Kadermodell ist aus Sicht der Unternehmen vielversprechend, da es kostengünstig ist, wenig Aufwand mit sich bringt und ein nachhaltiges Personalentwicklungsinstrument für Teilzeitführungskräfte darstellt.[5]

Top Sharing

Das Job Sharing ist ein beliebtes Arbeitsmodell bei Führungskräften und setzt eine zweite Führungskraft voraus, wodurch die Teilzeitarbeit möglich gemacht wird. Im oberen Management wird diese Möglichkeit der Teilzeit-Führung auch Top Sharing genannt und stammt wie das Job Sharing aus den USA.

Das Modell des Top Sharings kam zu Beginn der Achtzigerjahre nach Deutschland und fand zuerst in wenigen Unternehmen Anwendung. Hierbei teilen sich zwei Führungskräfte der gleichen Hierarchiestufe eine Managementtätigkeit. Sie arbeiten an unterschiedlichen Tagen und erledigen die gleichen Aufgaben.

Hierbei kann der erste Manager z.B. montags und dienstags in Vollzeit arbeiten und mittwochs halbtags, der zweite Manager arbeitet dann – im Idealfall – ebenso mittwochs halbtags, sodass sie sich einmal wöchentlich persönlich abstimmen über Projekte und Aufgaben. Donnerstags und freitags wäre der zweite Manager zuständig und eine Vollzeitstelle ist mit wenigen Einschränkungen voll besetzt. Es ist zu erkennen, dass beide Führungskräfte das gleiche Gehalt für die gleichen Aufgaben erhalten und somit gemeinsam die Verantwortung für alle Aufgaben tragen.[6]

Top/ Job Splitting

Ein weiteres Teilzeit-Führungsmodell ist das Job Splitting. Der Begriff (englisch (to) split: „aufteilen“, „trennen“)[7] steht für das Aufteilen von Führungsaufgaben auf zwei teilzeitbeschäftigte Manager, die sich eine Vollzeitstelle teilen.

Hierbei verfügt jeder einzelne über einen eigenen und individuell verhandelten Arbeitsvertrag. Sie nehmen weiterhin, im Gegensatz zum Job Sharing, ihre Führungs- und Fachaufgaben unabhängig voneinander wahr und sprechen sich nicht regelmäßig ab. Dadurch entstehen kaum Schnittstellen innerhalb der geteilten Stelle und es ergibt sich nur unregelmäßig ein Interaktions- und Kooperationsbedarf.[8]

Auf der einen Seite bietet es Freiräume für den jeweiligen Mitarbeiter und die selbständige Arbeit, auf der anderen Seite ist keine Vertretungsregelung gesichert, da die einzelnen Bereiche nicht dem anderen zugeordnet werden. Eine Teilung des Wissens ist nicht sicher gegeben, sodass wenig Nutzen aus der Job Splitting Stelle entsteht, falls einer der beiden Fachkräfte das Unternehmen verlässt oder erkrankt. Ideal für ein Job Splitting Modell sind Tätigkeiten, die auf einzelne Bereiche wie beispielsweise Marketing, Vertrieb, Controlling etc. ausgerichtet sind oder auf einzelne Vertriebsgebiete.

Die eingangs gestellte Frage, wie Teilzeit-Führung funktionieren und eine Umsetzung aussehen könnte, ist mit den oben aufgeführten Modellen jetzt hoffentlich verständlicher für Sie.

[1] Vgl. EAF Berlin (2016), S. 34ff
[2] Vgl. Mogler (2013), S. 415
[3] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2016), S.4
[4] Vgl. EAF Berlin (2016), S. 14f
[5] Vgl. Turkmani (1998), S. 97
[6] Vgl. Kuark (2002), S. 71f
[7] Vgl. dict.cc (2017)
[8] Vgl. Oelgart (2012), S. 35f